Am Ende des Pausenplatzes steht ein langes Gebäude mit vielen Fenstern. Die Klingel bei der Eingangstür Nummer 5 verrät, dass sich hier nicht nur Schulzimmer befinden. Im oberen Stock sind die Fensterläden auf der rechten Seite geschlossen. Sie gehören zur Wohnung der Familie Ochsner. Vor 20 Jahren sind Brigitte und Marcel Ochsner mit ihren beiden Kindern hier eingezogen. «Es war eher Zufall, dass wir uns für diesen Job beworben und ihn dann auch bekommen haben», sagt Marcel Ochsner. Die Wohnsitzpflicht, die vorsieht, dass Hauswart*innen auf dem Schulareal wohnen, war für das Ehepaar alles andere als eine Pflicht. «Eigentlich war es mit ein Grund, weshalb wir den Job überhaupt angenommen haben.»
Brigitte und Marcel Ochsner teilen sich die Aufgaben des Jobs. Sie macht die ganze Wäsche, pflegt den Kontakt zu den Lehrer*innen und ist als Präsidentin des Samaritervereins Winterthur-Stadt für medizinische Notfälle zuständig. Er macht die ganze Administration und ist als Chefhauswart auch für die anderen Hauswart*innen in Veltheim und Wülflingen verantwortlich. Dazu kommen für beide noch ganz viel kleinere Erledigungen.
Es gibt nach wie vor viele Schulen, die ihre Hauswart*innen verpflichten, auf dem Schulareal zu wohnen. Doch nicht alle können mit der ständigen Erreichbarkeit gut umgehen. «Wer dann zuhause nicht abschalten und Privates nicht von Beruflichem trennen kann, hat es schwer», sagt Marcel Ochsner. Für ihn und seine Frau war das nie ein Problem. Ausserdem sprechen sie am Familientisch nur selten über berufliche Angelegenheiten. Die Wohnsitzpflicht ist für Familie Ochsner eher ein Segen: «Es ist das Beste, keinen Arbeitsweg zu haben.» Denn Marcel Ochsner kennt es auch anders. Er ist gelernter Hochbaupolier und war jahrelang auf Zürcher Baustellen unterwegs. Lange Arbeitstage waren normal. Seine Kinder hat er unter der Woche kaum gesehen. Mit dem Hauswartjob änderte sich das sofort. «Plötzlich war ich mehr zuhause und es gab auch unter der Woche ein Familienleben. Das schätze ich sehr.»
Für die Schule ist es ein grosser Vorteil, das Hauswartehepaar auf dem Schulareal zu haben. Denn Brigitte und Marcel Ochsner sind von 7 bis 18 Uhr zur Stelle. «Aufgrund der langen Präsenzzeit haben wir zehn Tage mehr Ferien», sagt er. Auch sonst seien sie flexibler, es müsse einfach eine*r der beiden anwesend sein. Sie sind überzeugt, dass es zu weniger Vandalismus kommt, wenn die Hauswart*innen auf dem Schulgelände wohnen. «Zudem ist unsere Schule eher unbekannt und an keine grosse Strasse angeschlossen. Wir haben kaum Probleme.» Das Gebäude, in dem sich ihre Wohnung befindet, wurde vor zehn Jahren saniert. Deshalb zog die ganze Familie im Sommer 2008 für ein halbes Jahr in einen Wohnwagen nebenan. «Das war schon anstrengend», sagt Marcel Ochsner. Vor allem, weil es ein schlechter Sommer war und es zu Bauverzögerungen kam. Dafür wurde ihre Wohnung in der Zwischenzeit totalsaniert.
Hauswart*innen seien früher Einzelkämpfer gewesen. Das ist heute nicht mehr so. Brigitte und Marcel Ochsner gehören zum Team der Lehrer*innen. «Manchmal gibt es eine gemeinsame Pause.» Auch können die Ochsners die Schulklassen ins Lager begleiten. Zudem haben sie jeweils zwei Lernende, die sie bis zu deren Lehrabschluss begleiten. Und für den geselligen Teil sind sie im Hauswarteverein Winterthur.
Der Mietzins von Wohnungen für Hauswart*innen wird nach Quadratmetern berechnet. Auf der Lohnabrechnung wird er separat aufgeführt und direkt vom Lohn abgezogen. Zudem erhalten die Hauswart*innen 30 Prozent Ermässigung für die Wohnsitzpflicht und mögliche Unannehmlichkeiten wie Lärm. Wer kündigt oder pensioniert wird, muss die Wohnung verlassen. Eine zusätzliche Belastung? Marcel Ochsner sieht auch hier nur Vorteile: «Ich denke, es ist eher befreiend, wenn man gleich einen Tapetenwechsel erhält und das ganze Berufsleben hinter sich lassen kann.»