Mit dem Badge durch den Hintereingang oder direkt durchs Restaurant «Fredi» kommt Resli Burri zum Lift, der ihn zu seiner Wohnung im obersten Stock bringt. Ein langer Gang, der mit Parkett ausgelegt ist, teilt die sieben Räume in zwei Seiten auf. Links befinden sich die beiden Badezimmer, vis-à-vis die vier Schlafzimmer und die Küche. Wie in einer WG teilen sich die Mitbewohner *innen die Badezimmer und die Küche. Resli Burri hat dieses Jahr das schönste Zimmer erwischt: das Zimmer Nummer 6. Es ist liebevoll restauriert und stimmig eingerichtet. Die selbst gebauten und modernen Möbel passen zu den cremefarbenen Wänden. Das Zimmer liegt auf der Seite der Altstadt – kein Strassenlärm ist zu hören.
An diesem Wintertag ist das Wetter besonders sonnig und einige Dachrinnen glitzern im warmen, fast schon frühlingshaften Licht. Leute gehen spazieren oder sitzen gemütlich draussen und schlürfen einen Kaffee. Wie aus einem Adlerhorst sieht Resli Burri von seiner temporären Bleibe aus auf den Neumarkt. Er mischt sich aber auch unter die Menschen: «Ich tausche mich gerne mit anderen Kulturinteressierten aus», weshalb er sich ab und zu im «Ciel Bleu» blicken lässt. Manchmal nickt ihm jemand auf der Strasse zu, der*die wohl eine der Vorstellungen besucht hat. Die Nähe zur Stadt und zum Publikum gefällt ihm.
Wie in einer Künstler*innen-WG
Resli Burri spielte Mitte Januar für knapp einen Monat mit seinem Bühnenpartner Pascal Dussex zum sechsten Mal beim satirischen Jahresrückblick «Bundesordner» im Casinotheater mit. «Les trois Suisses», wie sie sich nennen, «können weder Französisch noch rechnen», lautet ihre scherzhafte Begründung, weshalb sie nur zu zweit auftreten. Eigentlich kommt aber der Name daher, dass sie früher zu dritt in Frankreich Strassenmusik machten und nach dem Ausstieg des Kollegen den Namen beibehielten.
Während den Vorstellungen des diesjährigen Bundesordners 2019 teilte er mit seinen Bühnenpartner *innen Steff la Cheffe und Nils Althaus die Wohnung. Jede*r kann sich in sein Zimmer zurückziehen oder man trifft sich für einen Schwatz in der Küche. Inzwischen kennt Resli Burri das Haus und seine Leute, der Berner schätzt die Winterthurer Künstler*innen-WG. «Ich bin gerne unterwegs und lebe auf Tour wenn immer möglich in solchen Wohnungen oder Hotels.» Denn er finde es unhöflich – sich und auch dem Publikum gegenüber –, nach einer Aufführung gleich von der Bühne zu rennen, um den Zug nach Bern zu erwischen. «Ich nehme mir lieber Zeit, die Stimmung nach einer Vorstellung zu geniessen.»
Ort der Kreativität
Auch vor einer Vorstellung ist es angenehmer, bereits vor Ort zu sein, die Atmosphäre des Hauses zu spüren und um 18 Uhr in der Hauskantine, dem «Päusli», zusammen mit den Künstler*innen und der Crew des Casinotheaters zu essen.
Und was macht man tagsüber in einer solchen Wohnung? «Die Bühne steht uns zur freien Verfügung», sagt Resli Burri. So übt und studiert er mit Pascal Dussex das eigene Bühnenprogramm ein. Am 4. April stehen «Les trois Suisses» nämlich erneut auf der Bühne im Casinotheater. In ihrem Stück «Vagabund» erzählen sie Geschichten aus ihrem Leben als Strassenmusiker, komponieren spontan neue Songs oder greifen auf alte Klassiker zurück. Die grösste Herausforderung: ein 90-minütiges Programm zu füllen. «Auf der Strasse durften wir nur 25 Minuten an demselben Ort spielen.»
Um sich für das Programm inspirieren zu lassen, ist der 60-Jährige wohl am richtigen Ort. In diesem ruhigen Zimmer, das durch die grosszügigen Fenster mit Licht geflutet wird, findet Resli Burri genau die Gelassenheit, die er braucht. «Ein wunderbarer Ort, um kreativ zu sein.»
Vagabund
Samstag, 4. April um 20 Uhr
Casinotheater Winterthur
verschoben!!
Die Serie «Wohnen in Winterthur» erscheint alle zwei Monate und beschäftigt sich mit den Wohnformen, die in der Stadt und der Region zu finden sind.
