Im Dunkeln steige ich den Garten empor in Richtung der hell erleuchteten Fensterfront und freue mich auf die Wärme. Vera, Nathalie und Chrigi, der Frida im Arm hält, empfangen mich im Eingang. Louie, der Hund, beschnuppert mich, während ich mir die Schuhe ausziehe. Im offenen Kamin lodert ein Feuer, und auf dem Tisch stehen Kaffee und Kekse bereit. Das Wohnzimmer ist zur modernen Küche hin offen, wodurch der Raum geräumig und einladend wirkt.
Vera und Nathalie haben diese gesunden, leicht geröteten Wangen, die man während eines Wochenendes in den Bergen bekommt. Die beiden waren mit Veras Klasse im Skilager und haben Frida bei dieser Gelegenheit gleich mitgenommen. Chrigi ist glücklich, die kleine Frida nach einer gefühlten Ewigkeit wieder knuddeln zu können. Das Quartett wirkt harmonisch, begonnen hat alles ganz zufällig. Vor allem der Wunsch nach einem Garten hat Nathalie und Chrigi vor einem Jahr dazu bewogen, sich nach einem neuen Heim umzuschauen. Die beiden zukünftigen Eltern waren sich damals einig, dass sie weiter in einer WG leben möchten. Schliesslich haben sie so gewohnt, seit sie 20 sind. Sie finden den Lebensstil bunt und bereichernd, etwas scherzhaft meinen sie, dass sie sich das Leben als Kleinfamilie eher eintönig vorstellen. So kam Vera ins Spiel.
Sie wollte eigentlich gar nicht aus ihrer Mietwohnung ausziehen, fügt jedoch an, dass für sie mit der ersten Besichtigung des Hauses der Fall schnell klar war. Der Vermieter, der selbst einige Zeit hier gelebt hatte und einen emotionalen Bezug zum Haus hat, war angetan von der Idee einer Familien-WG. Dann ging alles plötzlich sehr schnell: Ende Juni kam Frida zur Welt, während des fünftägigen Vaterschaftsurlaubs verfrachtete Chrigi Nathalies und seine Sachen an den Hügelweg. Wohl gemerkt: Es war Albanifest und ihre alte Wohnung befand sich mitten in der Altstadt. Für die Lehrerin Vera fiel der Umzug genau auf den hektischen Schuljahresabschluss.
Im Rückblick sind sie überrascht, wie sie all die Dinge unter einen Hut bringen konnten, doch dieses Haus ist es allemal wert. Mit dem Fahrrad ist man in wenigen Minuten am Bahnhof und das Quartier grenzt an den Wald. Im Sommer spazieren sie im «Badgwändli» zum Walcheweiher, im Winter können sie in ihrem Keller saunieren und während des ganzen Jahres geniessen sie eine betörende Aussicht über die Stadt.
Neben den äusseren Umständen sind Freundschaft und Vertrauen zueinander wesentliche Faktoren für das harmonische Zusammenleben. Vera und Chrigi sind seit 15 Jahren befreundet und verstehen sich blind, was mittlerweile auch für Vera und Nathalie gilt. Es ist ihnen wichtig, dass im WG-Alltag keine Teams entstehen und trotzdem die individuellen Freundschaften gestärkt werden.
Das Zusammenleben verläuft nicht zuletzt dank Frida so reibungslos. Sie ist ein geeignetes WG-Kind, meist zufrieden, scheut sich nicht vor anderen Menschen und hat einen tiefen Schlaf. Vera freut sich bereits darauf, Frida heimlich Süsses zu geben, wie es sich einer Tante, Grossmutter, Gotte oder eben WG-Mitbewohnerin gebührt. Sie kümmert sich gerne um die Kleine, doch Nathalie legt Wert darauf, dass diese Rolle weiterhin rein freiwillig bleibt und keine Verpflichtung daraus entsteht. «Ist ja auch nur ein bisschen mein Kind», meint Vera scherzhaft.
Ähnlich handhaben sie es mit dem Hund, der Nathalie und Chrigi gehört. Die drei sind sich einig, dass ein Hund auf dieses Grundstück gehört. Nicht nur die unmittelbare Nähe zum Wald sondern auch der grosszügige Garten sind optimale Voraussetzungen für ein Haustier. Chrigi ist gelernter Landschaftsgärtner, absolviert aber gerade eine Ausbildung zum Sozialpädagogen.
Freie Nachmittage verbringt er gerne mit Pflege und Unterhalt des Gartens, den er wild und wie eine Erweiterung des Waldes hält. Das Trio ist sich einig, dass sie auf diesem paradiesischen Grundstück ihren Traum leben. Als nächstes Heim können sie sich eigentlich nur den Buckingham Palace vorstellen, jeder andere Umzug wäre ein Abstieg.