Blindes Vertrauen zur Musik

Blindes Vertrauen zur Musik

Seit 13 Jahren ist Fabian Frischknecht aka Fabe Vega mit der Gitarre unterwegs. Dabei fordert der feinfühlige Musiker nicht nur sich selbst heraus, sondern auch sein Publikum.

Die Lichter gehen aus und die Stimmen verstummen in der Dunkelheit. «Ihr seht gut aus heute Abend, Schwarz steht euch!», ertönt es aus den Lautsprechern. Dass die Worte von Fabe Vega kommen, kann man nur vermuten, denn zu sehen ist der Akustik-Rocker bei seinem Konzert im Theater am Gleis nicht. Es ist bereits das dritte von insgesamt acht Konzerten auf der Blind-Session-Tour, die alle im Dunkeln stattfinden.

Fabian Frischknechts Tour-Konzept ist es, Konzerte zu geben, bei denen sich die Besucher*innen vollkommen auf die Musik konzentrieren können, ohne von visuellen Reizen oder Nebengesprächen im Publikum abgelenkt zu werden. Zu Beginn der Tour war der Musiker etwas nervös, denn er wusste nicht, ob die Atmosphäre für einige Leute vielleicht unheimlich und einengend wirke. Doch er selbst fürchtet die Nacht nicht der Dunkelheit wegen: «And I still fear the night – it’s not about darkness, but what sleep might bring…», singt er. Mit dem Lied «Repeat All» leitet Fabe Vega mit Joel Allison am Bass das Konzert ein. Für seine Songtexte fallen ihm meist im Alltag eine bis zwei Zeilen ein, die als Basis für den Rest des Textes dienen. Dabei drückt sich der Singer-Songwriter gerne metaphorisch aus: «Ich bin kein Fan von klassischen Ich-liebe-dich- oder Ich-hasse-dich-Texten, eher versuche ich, mit meinen Songs in den Köpfen der Zuhörer*innen Bilder zu malen.» Durch seine perfektionistische Veranlagung verliert sich Fabe in seinen Songs manchmal im Detail – genau wie bei den Proben im Studio. In diesen Momenten ist es Bassist Joel, der mal eine Pause einbaut.

Um nach der Arbeit abzuschalten, ging Fabe früher häufig klettern oder machte lange Spaziergänge in der Natur. Nun ist er vor knapp einem Jahr Vater geworden; mit seinem «Töchterli», wie er sein Kind liebevoll nennt, gelingt es ihm, gut in eine andere Welt einzutauchen. Er widmet ihr am Abend im Theater am Gleis einen Song mit dem Titel «Balloon».

Mit Joel spielt Fabe seit 2013, als er ihn an einer Jam-Session im Kraftfeld kennengelernt hatte. Zuvor musizierte er hauptsächlich alleine; mit 16 Jahren spielte er zum ersten mal auf der Strasse in Trogen, wo er aufgewachsen ist, und finanzierte sich 2010 mit Strassenmusik eine viermonatige Europareise. Dabei waren Übernachtungsmöglichkeiten und Abendessen abhängig von seinem täglichen Einkommen auf der Strasse: «Ich habe immer nur das gebraucht, was ich verdient hatte und war da sehr strikt mit mir selbst. Manchmal übernachtete ich dann halt auf einer Parkbank oder am Bahnhof.» Der 29-Jährige war zwar bereits in der Schule derjenige, der mit drei Gitarren herumschlenderte – ein Künstlertyp eben – aber Berufsmusiker werden wollte er damals nicht: «Ich war eher schüchtern. Das ist eigentlich auch heute noch so.» Er mache sehr gerne Musik für andere Leute, aber es sei nicht unbedingt nötig, dass er im Zentrum stehe, sagt Fabe über sich selbst. Auch sein abgeschlossenes ETH-Studium in Erdwissenschaften lässt nicht sofort an eine Musikkarriere denken. Naturwissenschaften und insbesondere Astronomie waren aber Gebiete, die ihn schon immer fasziniert haben. So kam er auch zu seinem Künstlernamen: Vega war nämlich Fabes Lieblingsstern.

Heute verdient er sein Geld teils als Musiker an Konzerten, teils als Mathelehrer an der Wirtschaftsschule HSO. Zwischen den Bandproben, Auftritten und dem Unterrichten hat Fabe Vega nur wenig Freizeit, in der er sich aber mindestens zwei Tage die Woche seiner Tochter widmet. Auch die Blind-Sessions nehmen momentan viel Zeit in Anspruch, denn im Dunkeln zu spielen erfordert eine ganz andere Koordination: «Ich sehe es als eine neue Herausforderung für Joel und mich und als etwas, was uns weiterbringen kann», erklärt Fabe. Nach der Tour sei eine Konzertpause geplant, um an neuen Songs zu arbeiten.

Der Saal im Theater am Gleis wird nun nach und nach wieder erleuchtet. Blind vom Scheinwerferlicht blinzeln die beiden Musiker in die Runde. «Ihr seht ja wirklich gut aus», sagt Fabe lachend. Das Publikum bedankt sich mit tosendem Applaus.

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