Das Kino am Lagerplatz feiert sein fünfjähriges Bestehen mit Klassikern aus den Jahren 1920, -30, -40 und so weiter. Die Reihe endet schliesslich im Jahr 2000 mit «In the Mood for Love». Nun, dort endet die Reise zumindest im Kinosaal. Wer sie im privaten Heimkino fortsetzen will, dem sei die unkonventionelle Fortsetzung von «In the Mood for Love», also «2046», ans Herz gelegt.
Beziehungen, die nicht zustande kommen; Erinnerungen, die unentrinnbar sind; Fiktionen, die dabei helfen sollen, mit Enttäuschungen umzugehen: Die beiden Filme verhandeln ähnliche Themen und beide drehen sich um Dramen, die sich im Hongkong der 1960er-Jahre abspielen. Im Unterschied zu «In the Mood for Love» schreibt der Protagonist Chow in «2046» allerdings einen Zukunftsroman mit dem Titel «2047». Und daher springt der Film immer wieder aus dem Hongkong der 1960er-Jahre heraus und hinein in eine Welt, in der Menschen in Zügen durch eine leuchtende High-Tech-Stadt reisen und sich in den Wagons in Androiden verlieben. Da diese Science-Fiction-Welt der Phantasie des Autors Chows entspringt, legt der Film es natürlich nahe, sie als Allegorie für seine Gefühlswelt zu begreifen. Das verleiht der Science-Fiction-Welt in «2046» etwas seltsam Surreales und präsentiert darüber hinaus Science-Fiction überhaupt als ein Genre, das stets dem Befinden einer Gegenwart entspringt. Man könnte also sagen, in «2046» wird uns die Science-Fiction-Welt präsentiert, die dem sittenstrengen Hongkong der 1960er-Jahre entspringt, das Wong Kar-wai in «In the Mood for Love» in Szene setzte. Wobei diese Version der 1960er-Jahre natürlich selbst wiederum ‹nur› eine retrospektive Fiktion ist.
Ausleihbar in der ZHAW-Hochschulbibliothek Winterthur unter der Signatur KU 791.437 Wong Zwe.
Julius Schmidt ist Filmliebhaber.