Der Schlag war eine Mitteilung, die das Coucou Ende September erhalten hat: Tanja Scartazzini, seit dem 1. September 2023 Leiterin des Amts für Kultur, informierte, dass das Coucou doch keine Chance auf einen Subventionsvertrag habe. Die finanzielle Lage der Stadt sei angespannt, das Coucou erhalte keine Subventionen. Besonders bitter ist die Nachricht, weil wir über Jahre hinweg Gespräche mit dem Amt für Kultur geführt haben. Die Antwort war immer die gleiche: Das Coucou und sein Kulturkalender seien für Winterthur wichtig. Aber es sei halt keine Kultur, sondern Journalismus, die Stadt könne den Verein finanziell nicht unterstützen. 2021 dann die Überraschung: Das Coucou erhielt für den «wertvollen Beitrag zur Sichtbarkeit und Vermittlung des Kulturlebens in der Stadt Winterthur» den Kulturpreis der Stadt Winterthur. Yay!
Der Preis ist dotiert mit CHF 10'000. Zudem folgte die Zusage für eine vorerst auf ein Jahr begrenzte Projektförderung. Diese erlaubte es uns, nach neun Jahren ehrenamtlicher Arbeit minimale Löhne zu zahlen.
Erschöpft von der langjährigen Sisyphusarbeit gab ich Ende 2022 die Redaktionsleitung ab. Dieser Entscheid ermöglichte es jedoch, die Stadt auf die Dringlichkeit einer stabilen, langjährigen Finanzierung aufmerksam zu machen. Denn niemand ist bereit, ein solches Projekt über Jahre hinweg ehrenamtlich weiterzuführen. Tatsächlich erhielt das Coucou einmalig mehr Geld, womit ein Schritt Richtung Professionalisierung getan wurde und das Kernteam 2023 für den organisatorischen Aufwand entschädigt werden kann. Im Juli teilte das Amt für Kultur mit, dass das Coucou bei den Subventionsverhandlungen eine Runde weiter sei und dem Stadtrat einen Vertragsentwurf vorgelegt werde. Die Freude war riesig!
Mit dem jetzigen Schlag offenbart sich die Absurdität der ganzen Geschichte: Das Coucou-Team rollt den Stein den Berg hoch. Die Stadt Winterthur jubelt vom Wegrand aus zu. Schliesslich findet sie es super, dass sich das Coucou für mehr Sichtbarkeit für die Kultur einsetzt und Plattformen schafft. Doch wenn das Coucou durstig und erschöpft um Wasser bittet, antwortet die Stadt bloss: «Sorry, das ist
gerade etwas knapp. Schaut selbst, ob ihr eine Quelle findet.»
Sandra Biberstein hat von 2012 bis 2022 die Redaktion des Coucou geleitet und über Jahre mehr als 120 Stunden pro Monat ehrenamtlich gearbeitet. Nun erholt sie sich im Ruhrgebiet, dort sind die Berge weniger hoch.