Du bist bekannt wegen deiner Comic-Trilogie «Metamorphosis», «Alberto» und «Geteilter Traum». Letzteres wurde mit dem renommierten Max und Moritz Preis für die beste deutschsprachige Comicpublikation ausgezeichnet. Wie entstehen deine Bücher?
Bei mir gibt es immer zuerst die Geschichte oder die Idee zu einer Geschichte, ein Thema. Beim neuen Buch, an dem ich gerade arbeite, ist es der Sinn des Lebens; bei meinem Comic «Alberto» ging es um Werte. Es gibt also lange kein Bild. Ich sammle erst nur Dinge zum Thema, die mir auffallen. Dinge, die ich in der Zeitung lese oder sehe, wenn ich unterwegs bin.
Wie wird aus dem gesammelten Material eine Geschichte?
Ich frage mich: Was soll diese Geschichte? Was will ich erzählen? Auf was will ich aufmerksam machen? Ich gehe ähnlich wie ein Architekt vor. Ich schaue mir die grossen Beziehungen in meinem Material an und komme so auf eine Struktur für die Geschichte. Wenn ich die Struktur habe, mache ich mit Bleistift eine Art Storyboard. Bei mir sind das winzige Heftchen, in denen ich den Rhythmus des Buches skizziere. Wie schnell erzähle ich etwas? Was passiert auf einer Seite? Wie lange wird die ganze Geschichte? Für ein ganzes Buch von über 60 Seiten brauchte ich so jeweils etwa zweieinhalb Jahre.
Deine Geschichten funktionieren ohne Worte.
Ich finde es schade, wenn Text die Zeichnungen verdeckt oder das Lesen von Comics bestimmt. Man liest den Text und nimmt die Zeichnungen nur nebenbei wahr. Ich will aber, dass man meine Bilder liest. Die Bilder sollen erzählen. Ich möchte, dass sich jede*r Leser*in anhand der Bilder die Geschichte selbst erzählt.
Du nutzt Zeichenutensilien, die du aus deiner Lehre als Hochbauzeichner kennst. Welchen Einfluss hat dein beruflicher Hintergrund auf deinen Stil?
Ich sehe im Rückblick, dass er sehr von der Arbeit als Hochbauzeichner beeinflusst ist. Meine Linien haben keine Dynamik, sondern sind gesetzt. Sie haben durchgehend die gleiche Dicke und bekommen dadurch auch eine Ruhe. Wie bei Architekturplänen.
In Winterthur setzt du dich als Präsident des Vereins «Comic Panel Winterthur» für das Comicschaffen ein. Warum?
Ich hatte den Wunsch, etwas weiterzugeben. Mit dem «Comic Labor» machen wir zum Beispiel einen Stammtisch, bei dem alle kommen und mitzeichnen dürfen: Lai*innen bis Profis. Als ich jung war, hätte ich mir so etwas auch gewünscht.
Woran arbeitest du im Moment?
An einem längeren Buch über den Sinn des Lebens. Es wird etwa so umfangreich wie meine drei ersten Monografien. Es ist vielleicht auch mein Sinn des Lebens, dass ich das Buch mache.
Daniel Bosshart lebt, arbeitet und zeichnet Comics in Winterthur, wo er regelmässig im Coucou die Comicseite bespielen darf.
Daniel Fehr ist ein Winterthurer Kinderbuchautor und Comic-Fan. Das Interview ist Teil einer Reihe von zehn Gesprächen, die Daniel mit Schweizer Illustrator*innen führte, welche die Ausstellung «Bilderbücher: illustriert & inszeniert» des Gewerbemuseum Winterthur zeichnerisch kommentiert haben oder in ihr ausgestellt wurden. Erstmals wurde das Interview auf dem Blog «Dinge machen» publiziert. Hier erscheint es leicht gekürzt, in voller Länge findest du es unter: www.dinge-machen.gewerbemuseum.ch