In Winterthur kennt man dich als den Zeichner des «Winterthurer Wimmelbuchs». Wie kam es dazu?
Ich hatte zuvor einmal ein Wimmelbild für meinen Weinhändler gezeichnet. Die Szenografin und Kulturmanagerin Anita Bättig hat dieses Bild auf meiner Website entdeckt und mir vorgeschlagen, ein Wimmelbuch für Winterthur zu machen. Für andere Städte, etwa Zürich, gab es das schon. Für Winterthur noch nicht. Ich selbst wäre nie auf die Idee gekommen und hätte mich auch nicht getraut, ein solches Projekt allein umzusetzen.
Du hattest bis dahin nur gerade ein einziges Wimmelbild gezeichnet?
Ja, aber ich erinnerte mich daran, wie ich schon als Kind Wimmelbücher geil fand. Etwa die «Wo ist Walter?»-Reihe oder die Bücher von Ali Mitgutsch. Ich hatte eines von ihm, das am Meer spielte. Ein ganz kleines Büchlein. Ich liebte es. Als ich zugesagt hatte für das Projekt, habe ich diese Bücher wieder hervorgeholt und mich mit der Frage beschäftigt, was ein gutes Wimmelbild ist.
Was ist ein gutes Wimmelbild?
Wichtig ist, dass die Figuren tatsächlich etwas tun. Sie dürfen keine reinen Platzhalter sein, die nur da sind, damit das Bild gefüllt ist. Und es muss alles gleichbehandelt sein. Ein Wimmelbild lebt davon, dass es eben gerade keinen Vordergrund gibt, in dem sich das Wesentliche des Bildes abspielt. So werden die Betrachter*innen beim Wimmelbild nur mässig geführt und müssen sich selbst zurechtfinden. Zur Belohnung entdecken sie kleine Geschichten und Szenen.
War das Wimmelbuch auch ein Sprungbrett für Aufträge?
Total. Ich hatte anfangs gedacht, dass ich das Wimmelbuch raushaue, und dann kommen die Aufträge. Es ging dann aber über ein Jahr, bis Aufträge kamen. Inzwischen sind es ganz viele und ich kann auch davon leben. Trotzdem will ich nicht nur noch das machen. Ich arbeite gerade an einer längeren Comicgeschichte.
In deinem Comic «Sackgasse» geht es um eine typische Schweizer Quartierstrasse. In den «Oberwiesli Comics» erzählst du von einem Quartier, das an jenes erinnert, in dem du aufgewachsen bist. Und im «Winterthurer Wimmelbuch» steht deine Stadt im Zentrum. Sind deine Werke auch Berichte aus deinem Milieu?
Beim Wimmelbuch war es etwas anderes, da hat die Wahl aus kommerzieller Sicht Sinn gemacht. In meinen Comics erzähle ich aber stark von meiner Welt. Durch mein Studium an der Kunsthochschule bekam ich einen neuen Blick auf den Ort, wo ich aufgewachsen bin. Es war ein bünzliges Quartier. Meine Comics sind aber keine Abrechnung. Ich selbst bin auch so. Vielmehr habe ich die Menschen gern und will von ihnen erzählen.
Samuel Schumacher lebt und arbeitet als freier Illustrator und Comiczeichner in Zürich. Ausserdem ist er Drummer der Winterthurer Band Prince Jelleh.
Daniel Fehr ist ein Winterthurer Kinderbuchautor und Comic-Fan. Das Interview ist Teil einer Reihe von zehn Gesprächen, die Daniel mit Schweizer Illustrator*innen führte, welche die Ausstellung «Bilderbücher: illustriert & inszeniert» des Gewerbemuseum Winterthur zeichnerisch kommentiert haben oder in ihr ausgestellt wurden. Erstmals wurde das Interview auf dem Blog «Dinge machen» publiziert. Hier erscheint es leicht gekürzt, in voller Länge findest du es unter: www.dinge-machen.gewerbemuseum.ch