Diesen Herbst feiert das Kellertheater sein 50-Jahre-Jubiläum, kommt in neuer visueller Aufmachung daher und startet mit einem neuen, dreiköpfigen Leitungsteam in die Spielzeit 22/23. Was bleibt gleich?
MJ: Der Kern, die DNA des Kellertheaters: Wir machen nach wie vor zeitgenössisches Autor*innentheater. Das heisst, dass wir bei unseren Eigenproduktionen den Fokus auf Texte legen, die für das Theater geschrieben worden sind, wobei wir nicht spezifisch Schweizer Dramatik und auch nicht ausschliesslich Stücke von deutschsprachigen Autor*innen zeigen. Unter zeitgenössisch verstehen wir ungefähr die letzten 15 Jahre. Klassiker führen wir nicht auf, das unterscheidet uns vom Theater Winterthur und dem Theater Kanton Zürich, die zum Beispiel auch Stücke von Dürrenmatt zeigen. Gastspiele fallen mitunter etwas experimenteller aus. Dieses Jahr zum Beispiel haben wir ein Stück, das ganz ohne Schauspielende auskommt. Der Start mit dem neuen Leitungsteam wäre ein Jahr vorher geplant gewesen, wurde aufgrund der Covid-Pandemie verschoben und fällt jetzt schön aufs Jubiläum, sodass nun alles zugleich passiert.
Und was wird anders?
MJ: Das Kellertheater soll durch neue Formate zugänglicher werden für die Leute Winterthurs. Wir wollen uns in die Stadt hinausbegeben, an ungewohnte und unbekannte Orte gehen, an denen sonst kein Theater gemacht wird, und dort kleine, kurze Stücke zeigen. Es geht um Sichtbarkeit und darum, zu sagen: Hey schau, es gibt Theater und es ist hier, in dieser Stadt. Dafür ist die Vernetzung mit verschiedenen Akteur*innen in Winterthur wichtig. Für unsere Jubiläumsproduktion haben wir uns zum Beispiel mit dem Münzkabinett und der Villa Sträuli zusammengeschlossen und den ersten Teil der Vorführung dort gezeigt. Wir hoffen, dass so vielleicht Leute ihren Weg zu uns finden, die sich bis anhin nicht wirklich angesprochen gefühlt haben. In Zukunft möchten wir noch stärker zu einem «Stadttheater» werden, herausfinden, was es in Winterthur gibt und was es noch braucht.
Wie sind diese neuen Formate zustande gekommen?
MJ: Das Nachwuchsformat «Next Step» ist entstanden, weil wir festgestellt haben, dass es eine Lücke gibt: Man schliesst ein Regie-Studium ab und ist auf Gelder angewiesen, um arbeiten zu können. Solange man aber noch nicht etabliert ist, ist es schwer an diese heranzukommen. Kantonale und städtische Unterstützungsgelder werden in der Regel erst gesprochen, wenn man schon Arbeiten vorweisen kann. Mit Next Step wollen wir dem Nachwuchs eine Bühne bieten, indem wir Nachwuchsregisseur*innen bei einer unserer Eigenproduktionen Regie führen lassen. Und dann gibt es noch einerseits «kulthurpuls», ein monatlich stattfindendes Gesprächsformat mit freiem Eintritt. Es war uns ein Anliegen, etwas Niederschwelliges zu kreieren, bei dem die Leute einfach vorbeischauen können und sich regelmässig austauschen können. Und andererseits ist da ist «Carte noire», ein Autor*innenprojekt, das aus dem Wunsch entstanden ist, digitale Formate und Werke zu schaffen. Hier entsteht zusammen mit den Autor*innen eine neue Ebene, in der ein Stück reflektiert werden kann. Dabei wird ein Podcast, Video oder ähnliches produziert, so dass ein Raum entsteht, in dem etwas nachwirken kann.