Mathematik der Kunst

Mathematik der Kunst

Farbe und Form: Diese beiden Begriffe und deren Zusammenspiel charakterisieren wohl am besten die Bewegung der Konkreten Kunst, welche in den 20er-Jahren vom niederländischen Künstler Theo Van Doesburg (1883-1931) ins Leben gerufen wurde.

Die Konkrete oder auch konstruktive Kunst beruht auf mathematisch-geometrischen Grundlagen. Sie wirkt auf den ersten Blick abstrakt, obwohl sie gar nicht versucht, Reales zu abstrahieren, sondern vielmehr, Geistiges zu materialisieren.

 

In der Schweiz entwickelte sich die Bewegung in den 30er-Jahren im Kontext des Aufbruchs der Moderne, wobei der Winterthurer Max Bill (1908-1994) als einer ihrer wichtigsten Vertreter genannt werden kann. Dessen grosse «Pavillon-Skulptur» aus Granit unweit des Gaswerks in Töss dürfte manchen bekannt sein. Die Protagonisten dieses Textes sind jedoch drei andere Künstler aus Winterthur, die ebenfalls in jener Kunstrichtung, die in den 60er- und 70er-Jahren ihren Höhepunkt fand, anzusiedeln sind: Manfred Schoch, Alfred Rainer Auer und Ulrich Elsener. Während sich letzterer 1982 der figurativen Malerei zuwandte, blieben Schoch und Auer der Konkreten bis zu ihren Lebensenden treu.

 

Die konstruktive Kunst eignet sich aufgrund ihres Fokus auf Farbe und Form besonders für die Gestaltung von Gebäuden. Sie ist zeitlos, konkurriert nicht mit der Architektur, sondern tritt mit ihr in einen ausgeglichenen Dialog. Es überrascht deshalb nicht, dass in Winterthur viele Gebäude aus jener Zeit im Stil der Konkreten gestaltet sind. Als eines der markantesten Beispiele kann dabei das Oberstufenschulhaus Wallrüti genannt werden: Mit individuellen Konzepten realisierten Schoch, Auer und Elsener dort gemeinsam eine Kunst-am-Bau-Arbeit, die sich vom Eingang durch die Pausenhalle bis ins Treppenhaus zieht. Die systematische Auseinandersetzung mit Farben ist allen drei Künstlern gemein, so auch der Steifen als langes schmales Gebilde und das Spiel mit dem Kontrast: Eine Kombination, die für die Schüler*innen eine fröhliche, stimulierende Umgebung schafft.

 

Nicht mehr lange besteht die Möglichkeit, sich die drei Wandmalereien im Original anzusehen. Das Schulhaus aus den 70er-Jahren wird 2022 aufgrund seines schlechten Zustands abgerissen. Aus diesem Grund liess die Stadt Winterthur das Kunst-am-Bau-Werk für die Nachwelt fotografisch dokumentieren – doch solange es noch möglich ist, lohnt sich ein Besuch auf jeden Fall.

Zur Autorin: Franca Bernhart hat Kunstgeschichte studiert. Sie arbeitet an verschiedenen Projekten im Bereich der Kunstwissenschaft und ist Co-Präsidentin der oxyd – Kunsträume.

Bild: Jonas Reolon ist freischaffender Kameramann und Fotograf.

Verbindung zwischen Himmel und Erde
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Lebendiges Zimmer
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Stahlplatten des Trostes
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