Hier klingt bereits die Traumlogik an, von der der schwarz-weisse Stummfilm aus den 1940er-Jahren bestimmt wird. Er setzt die stilistischen Experimente fort, denen sich der Surrealismus in den 1930ern widmete, erneuert sie allerdings durch eine von queeren Körperhorror geprägte Handlung. Jene düster gefährliche Erotik, die Angers spätere Filme auszeichnet, scheint in «Fireworks» – eine Gruppe Männer durchwühlt das Fleisch eines anderen – bereits auf. Die absurd brachialen Elemente des Films mögen irritieren. Untypisch für die erotische Mystik der surrealistischen Tradition sind sie nicht. Man denke an Jean Cocteaus Gedichte, Filme, Skizzen, an Jean Genets Literatur, insbesondere seinen Matrosenkriminalroman «Querelle» (1947) … gar an Clive Barkers Kurzfilm «The Forbidden» (1978) oder das Album «Scatology» (1984) der Protoindustrialband Coil, die ursprünglich den Soundtrack zu Barkers «Hellraiser» (1987) liefern sollte. Man könnte wohl argumentieren: Was im 20. Jahrhundert aufgrund psychischer Selbst- und gesellschaftlicher Zensur noch nicht unmittelbar auszusprechen war, findet in den oneirischen, okkulten und horrorhaften Motiven dieser Werke einen Ausdruck. «Fireworks»: ein Film, den man nachts schauen sollte.
«Fireworks» befindet sich auf dem Onlineportal archive.org unter dem Titel «Kenneth Anger The Magick Lanterne Cycle Complete Vol 1».
Julius Schmidt ist Filmliebhaber.