Shoplifters (JPN 2018)

Shoplifters (JPN 2018)

Spätestens nachdem er für «Shoplifters» die Palme d’Or in Cannes erhielt, hat auch das breite Publikum vom japanischen Regisseur Hirokazu Koreeda Kenntnis genommen. Auf dem Radar der cinefilen Gemeinschaft ist Koreeda berechtigterweise schon viel länger. Seine Filme stellen meistens Familien und deren Zusammenleben (oder deren Aneinandervorbeileben) in den Mittelpunkt.

Oft wird er mit dem japanischen Meisterregisseur Yasujirō Ozu verglichen, was Koreeda – gemäss einem Interview – sehr schmeichelt, obwohl er sich selbst näher beim britischen Regisseur Ken Loach sieht. Von aussen betrachtet stimmt wohl beides: Koreeda hat es geschafft, die Filmtradition von Ozu mit Einfluss von Loach in die heutige Zeit zu überführen und dabei eine eigene filmische Handschrift zu finden.

 

Die Geschichte von «Shoplifters» ist schnell erzählt: Die Familie Shibata wohnt auf engstem Raum in der Wohnung der Grossmutter. Die ganze Familie versucht ans schnelle Geld zu kommen (auch auf illegale Weise), um zu überleben. Eines Tages begegnet die Familie einem kleinen Mädchen, das offenbar misshandelt wurde, und nimmt sie als Familienmitglied auf. Langsam tauchen wir immer tiefer in den Alltag dieser eigenwilligen Familie ein. Wir merken, dass sie nicht der japanischen Norm entspricht, aber unzählige Fragen bleiben offen. Wir lassen uns immer stärker von dieser schlau aufgebauten Geschichte umgarnen, in der vieles nur angedeutet wird und die stetig an Sog und Geschwindigkeit gewinnt.

 

Koreeda untergräbt die Erwartungshaltung der japanischen Gesellschaft an ihre Familien. Ethik und Moral, Freiheit und Zwang, Aufopferung und Opportunismus sind zentrale Themen. Koreeda ist ein moderner Humanist, der uns auf intelligente Weise zwingt, zu gesellschaftlichen Fragen Haltung zu beziehen. Somit werden wir schon fast unbemerkt emotional in die Familie Shibata eingebunden.

 

Shoplifters und viele weitere Filme kann man auf dem Online-Portal cinefile.ch gegen eine kleine Gebühr mieten.

 

John Canciani ist Künstlerischer Leiter der Internationalen Kurzfilmtage Winterthur und Mitglied der Programmgruppe Kino Cameo.


 

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