Henry Fool (USA 1997)

Henry Fool (USA 1997)

«An honest man is always in trouble» lautet das Motto der Dichterfigur Henry Fool in Hal Hartleys gleichnamigen Film. «Fool», das ist englisch für «Narr» und als Narr stellt Henry das Leben all derjenigen auf den Kopf, mit denen er in Kontakt kommt.

Dementsprechend verkörpert er eine noch immer populäre Vorstellung eines Dichters. Nein, es ist weder die Rede vom zen-ruhigen William-Carlos-Williams-Dichter-Typ aus «Paterson» (2016), der sanft das detailreiche Gekräusel des Alltäglichen umschreibt, noch vom orthodox-ergebenen Arseni-Tarkovsky-Dichter-Typ aus «Nostalghia» (1983), der sich schwermütig den unvergänglichen Tiefen des Lebens verschreibt, sondern von jenem Rimbaud-Typen, den der Autor Henry Miller in seinem Buch «Time of the Assassins» charakterisiert als «inspired madman», welcher mit pagan-lüsternem Pathos verkündet, «everything we are taught is false», und selbstsicher gegen die Plattheit gesellschaftlicher Normen anschreit – darin dem Beatnik-, Expressionismus-, Sturm-und-Drang-Typen ähnelnd. Zugegeben, da heute kreativ-destruktive Charaktere häufig als Yuppies in Businessmen-Filmen auftreten, hat der Rimbaud-Typ einiges seiner Bohème-Aura eingebüsst. Hartleys Film schadet das nicht, es macht ihn eher interessanter, wird darin doch Henry Fool nicht einfach glorifiziert.

Hartley lässt sich als amerikanischer Autoren-Regisseur bezeichnen. Besonders seinen frühen Filmen sieht man seine Handschrift an: absurd-zirkuläre Dialoge, entdramatisiertes Schauspiel, bizarre Narrative, thematischer Fokus auf Entfremdung und zerrüttete Vorstadtfamilien. Man kann ihn neben Richard Linklater, Spike Lee und Jim Jarmusch stellen: den wichtigen Grössen des amerikanischen Indie-Films der 1980er- und 1990er-Jahre.

 

 

Julius Schmidt ist Filmliebhaber.

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