So findet er keine Zeit für seine Träume und erlebt so manches Unheil, bis er schliesslich – ausgerechnet am Weihnachtsabend – allen Lebensmut verliert und sich von einer Brücke in den Tod stürzen will. Doch da wird Bailey Hilfe von ganz oben zuteil – in Form seines einfältigen Schutzengels Clarence. Der lässt darauf episodenhaft Baileys Leben Revue passieren, um nachzuvollziehen, wie es so weit kommen konnte, und um ihm schliesslich zu helfen.
Frank Capras sentimental-kitschiger Weihnachtsklassiker wurde zum Schwergewicht der Filmgeschichte und Populärkultur: Immer wieder taucht er auf Listen der besten Filme aller Zeiten auf, zudem ist die Aufzählung auf imdb.com von Filmen und Serien, die sich in irgendeiner Form auf ihn beziehen, schier endlos. Diesen Status hat «It’s a Wonderful Life» auch dem Umstand zu verdanken, dass die Urheberrechte 1974 verfielen, nicht verlängert wurden und der Film darauf während zwei Dekaden praktisch gratis im Fernsehen gezeigt werden konnte. Bei der Veröffentlichung 1946 war der Film kein Kassenschlager, aber doch in fünf Kategorien für den Oscar nominiert. Und: Das FBI und das Komitee für unamerikanische Umtriebe leiteten eine Untersuchung ein wegen vermeintlicher – aus heutiger Sicht moderater – Kapitalismuskritik.
Ein bedeutsames Werk mit interessanter Rezeptionsgeschichte also, und wer herzerwärmenden Kitsch liebt oder über ihn hinwegschauen kann, kommt in den Genuss eines handwerklich hochstehenden Hollywood-Klassikers mit Film-noir-Anleihen – was sich allemal lohnt, auf der grossen Leinwand zu sehen.
Giancarlo Corti ist Filmwissenschaftler und Mitglied der Programmgruppe im Kino Cameo.