Der Roman spielt mit dieser Position im Dazwischen und vermittelt ein Gefühl der Rastlosigkeit, des Nie-Ankommens. Dies spiegelt sich in der komplexen Struktur des Romans, der seine Leser*innen mit Rück- und Vorblenden an ein bewegtes Leben heranführt. Dabei vermittelt die Sprache eine Atemlosigkeit: Sie erzählt mit langen, bildhaften, aber nie verworrenen Sätzen und mit einer Sinnlichkeit und Intensität, die keine Verschnaufpause zulassen.
Während sich die junge Frau fortbewegt, entpuppt sich ihre Reise und ihre Erzählung als ständige Wiederholung: «Es ist wie eine alte Geschichte, die sich immer wieder erzählt». Es gelingt Ivna Žic in ihrem beeindruckenden Debüt, Sprache und Handlung eng ineinandergreifen zu lassen und ihrem Text, der zu grossen Teilen aus Erinnerungen an die Kindheit in Kroatien und Gedanken an Verwandte oder an den verheirateten Geliebten der jungen Frau besteht, eine Verhaftung im Realen zu verleihen.
Obwohl die bedeutenden Figuren, wie die kroatischen Grosseltern oder der Mann, in den sich die junge Frau verliebt und der doch immer unerreichbar bleibt, die meiste Zeit abwesend sind, haben sie eine starke Präsenz im Text. Anhand der Beziehung der Protagonistin zu diesen Figuren werden Themen wie Herkunft, Zugehörigkeit und Identität verhandelt.
«Die Nachkommende» umfasst 168 Seiten und wiegt 218 Gramm.
Martina Keller arbeitet bei den Solothurner Literaturtagen und beim Kulturamt Thurgau. Darüber hinaus organisiert sie Sofalesungen in Winterthur.