Am Tag danach ist die Braut tot. Um dieses Ereignis herum ist der erste Erzählstrang gelegt, in dem verschiedene Figuren herauszufinden versuchen, was sich in der Nacht eigentlich ereignet hat. Der Ich-Erzähler Franz war wie bei vielen anderen Hochzeiten nahe dabei: Er fotografierte das Paar.
Der zweite Erzählstrang dreht sich ebenso um die Geschichten dieses Franz. Dieser lebt nun in Amerika, nachdem er der Hochzeitsfotografie in der Hochzeitsfabrik seines Vaters überdrüssig geworden ist und auch, weil er vor diesem traumatisierenden Ereignis fliehen wollte. Auch da geht es um einen Tod, der sich mysteriöserweise nicht restlos aufklären lässt, und um die Verdächtigung einer Missbrauchsgeschichte.
So umranken diese beiden Erzählstränge auf unheimliche Weise den Ich-Erzähler.
Nicht nur die Figur, sondern der ganze Roman erzählt «am Zentrum und an den Rändern vorbei». Dies macht ihn zu einem Wagnis, denn er sperrt sich gegen Eindeutigkeit, und dies ist provokant, gerade in der heutigen Debatte, in der es immer mehr um eindeutige Positionen geht. Aber genau darum muss man dieses Buch lieben. Dazu kommt, dass Gstrein den*die Leser*in mit einem unzuverlässigen Erzähler an der Nase herumführt, indem er die Kunst des Andeutens und Verdächtigens perfektioniert, sodass man als Leser*in darüber nachdenken muss, welche Geschichten einem eigentlich warum erzählt werden.
«Als ich jung war» umfasst 352 Seiten und wiegt 361 Gramm.
Claudio Notz ist Co-Präsident der Literarischen Vereinigung.