Coucou's Geheimtipps für die MFW

Es ist tatsächlich wahr. Die Musikfestwochen finden dieses Jahr wieder statt! Wir haben uns für euch durchs Programm gehört und empfehlen euch folgende Konzerte.

/A\(CH)

Das erste Album der Supergroup /A\, bestehend aus Emilie Zoé, Franz Treichler und Nicolas Pittet, ist hoffentlich bitte nur der Anfang einer jahrelangen Zusammenarbeit. Die sieben Tracks lassen ihre Zuhörer*innen in einen soghaften Kosmos eintauchen, vor dem es allzu bald kein Entrinnen mehr gibt. So treibt es einen durch harmonisch dunkle Klanglandschaften, die elektronisch und akustisch irgendwo zwischen Post-Rock, Trip-Hop, Lo-Fi sowie bedrohlich-sphärischem Industrial zerfliessen. Die bis ins Detail stimmig arrangierten Kompositionen entfalten eine unglaubliche Kraft, die sich an den Musikfestwochen sicher wunderbar ins Publikum übertragen wird – wenn das liebe Publikum das mit dem Zuhören hinkriegt!

 

Büelpark – Mittwoch, 11. August 20:30 Uhr

Text: Livia Kozma

 

GeilerAsDu (CH)

Die Luzerner von GeilerAsDu beschreiben und zerpflücken das aktuelle Zeitgefühl seit einigen Jahren so präzise, dass es fast weh tut. Doch der Spiegel, der einem da in den Texten vorgehalten wird, ist immer doppelseitig, ist nie «nur» Angriff, sondern immer auch lyrische und treffsichere Selbstreflexion. Gewohnt abwechslungsreich und immer am Puls der Zeit handeln die Texte von Überforderung mit der aktuellen Gesamtsituation, ungesunden Beziehungsdynamiken, Selbstzweifeln und Authentizität. Dabei erfindet sich die Rap-Combo stetig neu: Die Beats sind elektronischer und wolkiger geworden, die Liveshows um einige Bandmitglieder erweitert, doch die gewohnte Schlagkraft bleibt unantastbar. Vorfreude!

 

Rychenbergpark – Donnerstag, 12. August 20:30 Uhr

Text: Livia Kozma

L’Éclair (CH)

Afro-Disco, Jazz, Latin und Kosmisches: Die Musik der Genfer Band L’Eclair klingt nach der grossen weiten Welt, nach Freiheit, nach Improvisation. Seit 2017 veröffentlicht das Sextett jährlich neue Tonträger – zumeist auf dem Label Les Disques Bongo Joe, zuletzt die EP «нощта» und eine Split Single  mit der holländischen Formation The Mauskovic Dance Band. Solch kreative Umtriebigkeit blieb nicht lange verborgen und so spielten L’Eclair unlängst eine der legendären Live-Sessions des US-Radiosenders KEXP.

 

Büelpark – Freitag, 13. August – 20:00 Uhr

Text: Christa Helbling

Lalalar (TUR)

Bands wie Altin Gün oder Derya Yıldırım & Grup Şimşek lassen schon seit einigen Jahren mit experimentellen (Psych-)Folk – gewürzt mit allerlei weiteren Einflüssen – eine Prise Anatolien-Flair über die Bühnen der Welt wehen. Seit 2018 gesellt sich mit Lalalar eine weitere Band zu ihnen. Und beweist mit ihrem Sound eine erfrischende, aber nicht überbemüht abgrenzende Eigenständigkeit in Sachen Anatolia-Folk. Wo Altin Gün das THC ist, ist Lalalar das LSD – in ihrer Welt aus treibenden 80er-Synths, atomuhrähnlichen Drum-Machines, verzerrt-jaulenden Gitarren und gehauchten Vocals scheinen die Jungs mit ihren Instrumenten zu verschmelzen: Zeit und Raum war gestern.

 

Büelpark – Freitag, 13. August 21:45 Uhr 

Text: Hanna Widmer

Jessica Jurassica (CH)

Kinder, freuet euch: Die Frau mit Sturmmaske kommt! Wem Jessica Jurassica bis jetzt noch nicht begegnet ist – sei es als Autorin und Redaktorin beim Berner Kulturmagazin KSB, als 1/2 des Euro-Dance-Duos CAPSLOCK SUPERSTAR oder als Autorin des im Frühling erschienenen Romans «Das Ideal des Kaputten» –, wer also noch keine Gelegenheit hatte, sich in Texten über Sex, Drugs und das Appenzeller Hinterland zu verlieren, und wen Titel wie «Die verbotenste Frucht im Bundeshaus» grundsätzlich eher ansprechen als abschrecken, darf schon mal die Ohren spitzen – und sich auf den 14. August freuen. 

Roulotte auf dem Viehmarkt – Samstag, 14. August,  18 Uhr

Text: Aleks Sekanić

Al Pride (CH)

What doesn't leave is always left behind: Nicht mehr ganz so geheim, aber einen Tipp wert sind sie zweifellos. Mit «LEAF» stellten Al Pride bereits anno 2016 im ganzen Land sicher, dass drei prominente Klavierakkorde die Ohren sporadischer Radiolauscher*innen nicht mehr «leaven» wollten und «left behind» blieben. Groove-beladen ist er, ihr Sound. Und soulig. Und sphärisch, wie sie selbst sagen. Auf dem Album «Sweet Roller», das letzten Sommer als ihr neustes Klangkunstwerk rauskam, setzen die Badener ihrer Coolness noch einen obendrauf, um diese gleich wieder mit verträumt-sonorer Melancholie zu ersetzen. Durch das kollektive Schreiben der Songs mutiert der Stil des Oktetts im Kontinuum und schafft es dabei irgendwie trotzdem, einen geraden Kurs zu halten.

Büelpark – Samstag, 14. August – 20:40 Uhr

Text: Leandra Reiser

District Five (CH)

Das Zürcher Quartett District Five experimentiertund lotet Jazz in all seinen Schattierungen aus, geht weiter, bindet Elementeder elektronischen Musik in die Stücke ein, um im nächsten Moment wie einePost-Rock-Band zu klingen. Mit Kontrabass, Saxophon, Gitarre, Synthesizern undSchlagzeug kreieren die vier Musiker immerzu neue Klangwelten und bleiben sostets überraschend. Innerhalb der letzten sechs Jahren konnten sich DistrictFive zu einem der spannendsten jungen Acts der Schweizer Jazzszene mausern.

Rychenbergpark, Samstag 14. August, 19:00 Uhr

Text: Christa Helbling

 

Sirens of Lesbos (CH)

Aus Spass haben sie das geschafft, was andere Musikgruppen lange anstreben: Sirens of Lesbos landeten mit «Long Days, Hot Nights» einen Ibiza-Hit, der auf BCC Radio 1 rauf und runter gespielt wurde. Doch für das Quintett war dies lediglich die erste Etappe einer musikalischen Reise. Inzwischen begeistert die Berner Band mit ihrem facettenreichen multikulturellen Sound, der einen im Schwebezustand in fremde Sphären katapultiert und zum Tanzen und Träumen einlädt. Klar ist: Wohin auch immer uns die Nu-Disco-Beats bringen werden, uns wird es dort gut gehen.

Rychenbergpark – Samstag, 14. August, 20:30 Uhr

Text: Amina Mvidie

Molchat Doma (BLR)

Kyrillische Schriftzeichen, eine graue Grossstadt im Nieselregen, kommunistische Denkmäler, leerstehende Plattenbauten … begleitet von synthielastigen Klängen und einer düsteren Männerstimme, die von wahrscheinlich noch düstereren Sachen singt – wer sich in die Bild- und Tonwelt Molchat Domas begibt, wird möglicherweise anschliessend das Kalenderjahr und die Längen- und Breitengrade nachschauen müssen. Und nach der Vergewisserung, dass wir nicht 1985 in Minsk, sondern 2021 in Winterthur schreiben, sogleich den Kalender zücken und den 14. August rot anmalen: Dann beehrt die belarusische Band uns nämlich im Rychenbergpark.

Rychenbergpark – Samstag, 14. August, 21:45 Uhr

Text: Aleks Sekanić

Krysl (Winti)

Sich ständig den neuesten Technik-Shizzle zu kaufen, ist so was von out! Auf alten Geräten lässt sich nämlich genau so gut arbeiten und nicer Scheiss produzieren. Ja, Realtalk! Krysl hat nämlich sein neustes Album auf einem Kompi produziert, den sein Vater in den 1990er-Jahren aus dem Abfall gefischt und eigenhändig geflickt haben soll. Das Album trägt deshalb auch den passenden Titel «Uf em Bapi sim Kompi». Darauf inszeniert sich der gelernte Bibliothekar und Fotograf als unangepasster Beobachter. Das klingt dann zum Beispiel so: «Rapper wollen sich bereichern im Portemonnaie, sie hend kei Idee und drucket lieber CTRL C.» Seinen Sound beschreibt der Winterthurer, der sich mit Alter Ego auch mal Jean-Jacques Scharlatan nennt, als «conscious trash» – ja, Selbstironie ist Krysls Markenzeichen. Und das macht ihn irgendwie ganz sympathisch.

Büelpark – Montag, 16. August, 19:00 Uhr

Text: Sandra Biberstein

El Khat (ISR)

Dem Westen eher als Lo-Fi-Droge bekannt, ist El Khat in diesem Fall eine multiethnische Band rund um den Cellisten Eyad El Wahab. Nach Jahren des Umhertingelns als Cellist in verschiedensten Formationen wie dem Jerusalem Andalusian Orchestra oder der Band El Gran Mar zog er 2017 einen Schlussstrich und näherte sich – inspiriert von der LP «Qat, Coffee & Qambus: Raw 45s from Yemen» – der Heimat seiner Grosseltern aus musikalischer Perspektive an. Das Resultat ist das Album «Saadia Jefferson»: Aus den Gerüsten yemenitischer Folksongs schusterte er neue Lieder zusammen. Seine Liebe zur Handarbeit liess ihn aus gefundenen Gegenständen selber Instrumente bauen. Schafgemecker findet sich auf dem Album ebenso wie Strassenlärm, Bläsersektionen und komplexe polyrhythmische Perkussion: El Khat haben auf dem Album gefühlt ein ganzes Land kondensiert.

 

Rychenbergpark Sonntag, 15. August – 20:30 Uhr

Text: Hanna Widmer

Ayom

Zwischenstopp, zwar etwas entfernt vom Wasser: Die «musikalischen Seefahrer*innen», wie Ayom auch schon genannt wurden, legen an den Musikfestwochen im Büelpark an. Das Sextett, zusammengewürfelt aus Musiker*innen mit allen möglichen Hintergründen, verbindet musikalische Einflüsse aus Nordbrasilien gekonnt mit solchen aus Angola und den Kapverden: Tropical ist auf ihrem 2019 erschienen Album ebenso vertreten wie Afrolatin oder Forrò. Kaum verwunderlich: Ayom steht für Verbindung – zwischen männlich und weiblich, Rhythmen und Melodien und bringt uns, wie Frontfrau Jabu Morales in einem Interview mal bemerkte, von Konflikten zum Feiern.

 

Büelpark, Sonntag, 15. August 20:30 Uhr

Text: Hanna Widmer

Rue des Cascades (Winti)

«Yesterday, upon the stair, / I met a man who wasn’t there. / He wasn’t there again today, / oh how I wish he’d go away.» – Das Zitat aus dem Gedicht «Antigonish» von William Hughes Mearns, das Rue des Cascades auf dem Cover von «The Black Sleep» abgedruckt haben, bringt das Thema ihres neuen Albums auf den Punkt: Es geht um die Gespenster, die einen heimsuchen – nicht nur in zahlreichen textlichen Referenzen, sondern auch in musikalischen: Da sind Hamlet-Zitate und Kriegstrommeln sowie zahlreiche Anspielungen auf die Romantik und die Lektüre von Nicolas Abraham, Maria Török, Jacques Derrida, Mark Fisher und Tzvetan Todorov. Der Soundtrack bewegt sich von Post-Rock über Neo-Folk, Noise bis hin zu Western. Ein Wandelwerk!

Rychenbergpark – Montag, 16. August, 19:00 Uhr

Text: Sandra Biberstein

Black Country, New Road (UK)

«For the first time» ist zwar das Debüt der Londoner*innen, doch die Truppe musiziert schon seit einigen Jahren zusammen und das hört man auch dem neuen Album an. Ziemlich eigen experimentiert das Septett mit Post-Punk, Klezmer, und Jazz mit vereinzelten Streicher- und Bläserparts. Die sich aufbauenden und wieder in sich zusammenfallenden Klangkonstruktionen schaffen dabei Raum für die Worte des 22-jährigen Sänger Isaac Wood. Wobei Sänger hier das falsche Wort ist: Ganz im Zeitgeist der englischen Szeni-Bands frönen auch Black Country, New Road dem Sprechgesang. So erzählt, brüllt, träumt und wimmert der Londoner aus unterschiedlichen Erzählperspektiven ziemlich direkt und doch mehrdeutig von Unsicherheit, Resignation, Luxusproblemen und Schwermut. Lässt sich schwer beschreiben, besser hingehen!

Rychenbergpark – Montag, 16. August 20:30 Uhr

Text: Livia Kozma

Meskerem Mees (BE)

Wo andernorts schweres musikalisches Geschütz aufgefahren wird, braucht Meskerem Mees nicht mehr als Gitarre, Mikrofon und ihre Kollegin Febe am Cello, um das Publikum einzunehmen und bis zum letzten Ton nicht gehen zu lassen. Mit einer erstaunlichen Gelassenheit, aber gleichzeitig voller Energie spielt sie ihre Songs, die manchmal ein wenig an Nina Simone erinnern, dann wieder an Joni Mitchell. Glasklar vagabundiert ihre Stimme zwischen Registern hin und her – und lässt die Gänsehaut erst nach Stunden wieder abebben.

 

Stadtkirche, Dienstag, 18. August, 19:30 Uhr

Text: Hanna Widmer

Evelinn Trouble (CH)

Irgendwie scheint sie alles zu können: Evelinn Trouble ist Sängerin, Songwriterin, Produzentin und Künstlerin. Die vielschichtige Bearbeitung der eigenen Tracks verwässert allerdings nie das Gesamtwerk, sondern ergänzt sich ziemlich organisch. Denn Evelinn Troubles Stimme überzeugt immer. Das zeigt sich vor allem dann, wenn das Klavier ihre einzige Begleitung ist. Es sind stets tiefschürfende und persönliche Texte, die von der Verletzlichkeit der menschlichen Existenz berichten und sich kathartisch in anmutende Stärke und beeindruckende Offenheit wandeln. Vom Mut und der Wandelbarkeit der Künstlerin würde man sich gerne ein Stück abschneiden – zum Glück kann man als Publikum daran teilhaben!

 

Büelpark – Mittwoch, 18. August 19 Uhr

Text: Livia Kozma

Tzupati Orchestra (CH)

Zwischen Markovsko Oro und Mazel Tov mögen Kilometer, Jahre und sprachliche Barrieren liegen. Wenn aber das Tzupati Orchestra seine Stücke spielt, spielt nur noch eines eine Rolle: Die Musik im Körper zu spüren und mitzutanzen. Seit seiner Gründung Ende 2018 hat das Sextett aus (ehemaligen) Student*innen von der Hochschule der Künste Bern ein diverses Repertoire aus osteuropäischen Klängen aufgebaut und wirbelt mit einer einzigartigen Kombination aus Instrumenten und den verschiedensten musikalischen Hintergründen wohlverdient über die Bühnen dieses Landes.

 

Büelpark – Donnerstag, 19. August – 20:30 Uhr

Text: Hanna Widmer

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